Die Grundlagen des Zugewinnausgleichs.

Was ist Zugewinnausgleich?

Kommt es zur Scheidung findet unter den Ehepartnern ein Ausgleich ihrer Vermögen statt, der Zugewinnausgleich genannt wird. Das klingt zunächst nach einem Widerspruch, ist jedoch keiner. Jeder Ehepartner erwirbt sein eigenes Vermögen für sich. Bei Scheidung wird nur ein unterschiedlich hoher Vermögenserwerb ausgeglichen. Das Gesetz betrachtet die Ehe als eine gleichberechtigte Partnerschaft, die auf dem Prinzip der ehelichen Solidarität aufbaut. Eheleute sind verpflichtet, sich wechselseitig zu unterstützen. Diese gegenseitige Verpflichtung schafft auch eine vermögensrechtliche Beziehung. Der Zugewinnausgleich stellt sicher, dass beide Eheleute an dem in der Ehe erwirtschaftetem Vermögen gleichberechtigt und hälftig beteiligt werden. Der Ehepartner, der während der Ehe ein höheres Vermögen erworben hat, ist also ausgleichspflichtig.

Was ist eine Zugewinngemeinschaft?

Wenn Sie in Deutschland heiraten und keinen Ehevertrag abschließen, leben Sie mit dem Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft. Wenn Sie im Ausland heiraten und keinen Ehevertrag schließen, leben Sie mit dem Ehepartner auch in einer Zugewinngemeinschaft, wenn einer deutscher Staatsangehöriger ist. Die Zugewinngemeinschaft wird als gesetzlicher Güterstand bezeichnet. Sie entsteht ohne weitere Erklärung der Eheleute Kraft Gesetzes am Tag der Heirat. Das Besondere daran ist Folgendes:

In der Zugewinngemeinschaft hat jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen. Es gibt kein gemeinsames oder eheliches Vermögen. Die Vermögen bleiben getrennt.
Die Zugewinngemeinschaft führt beim gemeinsamen Kauf eines Hauses oder bei der Eröffnung eines gemeinsamen Bankkontos nicht zu gemeinschaftlichem Eigentum. In diesen Fällen begründet jeder Ehepartner seinen eigenen Anteil jeweils nach Bruchteilen. Der beträgt in der Regel ein Halb. Abweichende Anteile können vereinbart werden.
In der Zugewinngemeinschaft verwaltet jeder Ehepartner sein Vermögen selbst. Deshalb können Eheleute untereinander genau so wie mit Dritten Geschäfte tätigen.

Was ist Zugewinn?

Der Zugewinn ist das, was ein Ehepartner nach der Heirat hinzu erwirbt. Dazu gehören beispielsweise Bankguthaben, PKWs, Bausparverträge, Kapital-Lebensversicherungen, Münzen, Antiquitäten, Immobilien, Waffen, Aktien, usw. Der Zugewinn ist eine reine Rechengröße. Die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände und werden addiert. Davon sind die Verbindlichkeiten abzuziehen. Das ergibt den Zugewinn. Der wird in einem Geldbetrag ausgedrückt. Das Gesetz sagt: „Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.“ Es gibt Vermögenswerte, die von vornherein nicht zum Zugewinn gehören.

Das sind Haushaltsgegenstände, die nach Heirat gekauft wurden. Für die Verteilung von Haushaltsgegenständen gibt es bei Scheidung ein gesondertes Verfahren.
ABER ACHTUNG! Haushaltgegenstände, die sich ein Ehepartner nach der Trennung kauft gehören wieder zu dessen Zugewinn!
Nicht zum Zugewinn gehören Rentenversicherungen, betrieblichen Altersvorsorgeverträge und Lebensversicherungen mit einem Wahlrecht zwischen monatlicher Rentenzahlung oder Kapitalabfindung.

Was wird aus der Zugewinngemeinschaft bei Scheidung?

Die Zugewinngemeinschaft endet an dem Tag, an dem die Scheidung rechtskräftig wird. Das ist der Tag, an dem gegen den Scheidungsbeschluss des Gerichts keine Beschwerde mehr eingelegt werden kann. Zum normalen Ablauf einer Scheidung gehört die Regelung aller Folgen. So auch die Abwicklung der Zugewinngemeinschaft. Dazu werden alle Vermögenswerte des Anfangs-, Trennungs- und Endvermögens ermittelt und bewertet. Dann wird der Zugewinn der Ehepartner berechnet. Ergibt sich eine Differenz, wird der Zugewinnausgleich errechnet. Das Ergebnis wird in die Gesamtlösung aller Scheidungsfolgen eingebunden. Dazu wird in der Regel dann eine Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen. Im Anschluss daran findet die Scheidung statt. Dieses Vorgehen stellt die kostengünstigste Variante dar. Sie setzt eine gewisse Kompromissbereitschaft zwischen den Eheleuten voraus. Kommt keine Einigung zu Stande, ist der Zugewinnausgleich gerichtlich geltend zu machen.

Gibt es die Scheidung ohne Zugewinnausgleich? 

Ja. Eheleute können sich scheiden lassen ohne den Zugewinnausgleich durchzuführen. Das Gesetz legt lediglich fest, dass bei Beantragung der Scheidung mitgeteilt werden muss, ob der Zugewinnausgleich geklärt ist oder nicht. Es gibt aber keine sogenannten Zwangsverbund von Zugewinnausgleich und Scheidung, wie das im Rentenausgleich der Fall ist.

Kann der Zugewinnausgleich noch nach der Scheidung durchgeführt werden?

Ja, das geht. Dazu sollten Sie aber Folgendes wissen:

Der Zugewinnausgleich kann nur bis 3 Jahren nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung verlangt werden.
Nach Ablauf der 3 Jahre ist der Anspruch verjährt und endgültig verloren!
Die Verjährung kann verhindert werden
durch Beantragung eines Mahnbescheids;
durch einen Stufenantrag auf Vermögensauskunft und Zahlung des Zugewinnausgleichs
oder durch einen sofort bezifferten Zahlungsantrag zum Amtsgericht.
Der Anspruch auf den Zahlbetrag ist ab dem Tag der Rechtskraft der Scheidung mit 4 % pro Jahr zu verzinsen.
Die Kosten eines isolierten Zugewinnausgleichsverfahrens tragen die Eheleute nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen. Das heißt, die Kosten trägt wer verliert!

Kann der Zugewinnausgleich schon vor der Scheidung beantragt werden?

Ja, das ist unter anderem in folgenden Fällen möglich:

Die Eheleute leben seit drei Jahren getrennt.
Ein Ehepartner schafft sein Vermögen bei Seite.
Der pflichtige Ehepartner zahlt keinen Unterhalt.
Der pflichtige Ehepartner nimmt nach Trennung erhebliche Kredite auf.
Der Ehepartner verweigert Angaben zu seinem Vermögen.

Muss der Zugewinnausgleich immer bezahlt werden oder gibt es andere Wege der Abfindung?

Grundsätzlich ist die Zugewinnausgleichsforderung eine Geldforderung. Das heißt, der Zugewinnausgleich ist zu bezahlen. Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen.

Die Eheleute können vereinbaren, dass der ausgleichspflichtige Ehepartner einen oder mehrere seiner Vermögensgegenstände auf den ausgleichsberechtigten Ehepartner überträgt. Diese Vereinbarung muss dann auch die Einigung über den Wert des übertragenen Vermögensgegenstandes beinhalten.
Die zweite Ausnahme ergibt sich aus dem Gesetz. Danach ist es möglich, dass der ausgleichsberechtigte Ehepartner (Gläubiger der Zugewinnausgleichsforderung) bei Gericht beantragt, das ihr oder ihm bestimmte Gegenstände aus dem Vermögen des anderen Ehepartners unter Anrechnung auf die Zugewinnausgleichsforderung zu Alleineigentum übertragen werden. Das ist jedoch nur in extremen Ausnahmefällen und nach dem Gesetz nur dann möglich, wenn
◦ die Zahlung von Geld für den Gläubiger grob unbillig wäre
◦ und die Übertragung der geforderten Gegenstände dem Schuldner zumutbar ist. Nicht übertragbar sind vor diesem Hintergrund Beteiligungen an Personengesellschaften, Anrechte an Kapitallebensversicherungen, gewerbliche Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe etc..

Fazit

  • In der Zugewinngemeinschaft hat jeder Ehegatte sein eigenes Vermögen.
  • Bei Scheidung findet ein Ausgleich unterschiedlich hoher Vermögenswerte statt.
  • Ausgeglichen wird nur das Vermögen, das nach der Heirat erworben wurde.
  • Der Zugewinnausgleich ist nicht zwingend mit der Scheidung durchzuführen.
  • Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt drei Jahre nach Scheidung.
  • Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Scheidung.
  • In bestimmten Fällen kann der Zugewinnausgleich schon vor der Scheidung beantragt werden.
  • Der Zugewinnausgleich ist grundsätzlich eine Geldforderung.
  • Die Eheleute können statt der Zahlung von Geld die Übertragung von Vermögensgegenständen vereinbaren.
  • In extremen Ausnahmefällen kann das Gericht auf Antrag auch die Übertragung von Vermögensgegenständen an Stelle der Zahlung anordnen.