Muss ich Ehegattenunterhalt nach der Scheidung bezahlen, wenn der anderen Vermögen hat.

Ulrike verlangt von Peter für die Zeit nach der Scheidung Ehegattenunterhalt. Beide waren zwölf Jahre verheiratet. Peter findet die Unterhaltsforderung nicht gerecht. Er hat als Arzt monatlich ca. 5.000,00 € netto, während Ulrike monatlich nur 2.000,00 € netto aus der Vermietung von Wohnungen erzielt. Dafür hatte sie schon bei Heirat neben dem kleinen Einfamilienhaus, in dem sie wohnt, noch eine vermietete Eigentumswohnung in Freital und ein Mietobjekt mit vier vermieteten Wohneinheiten in Dresden. Peter war nach der Trennung in die Wohnung seiner neuen Partnerin gezogen, in der er auch heute noch wohnt. Peter fragt sich, ob er an Ulrike Unterhalt zahlen muss.

Was steht dazu im Gesetz?

§ 1577 Abs. 1 BGB: Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt [...] nicht verlangen, solange und soweit er sich aus [...] seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

§ 1577 Abs. 3 BGB: Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

Was bedeutet das?

Unterhalt kann nur der Ehegatte verlangen, der

  • kein Einkommen,
  • ein zu geringes Einkommen und
  • auch kein Vermögen hat,

mit dem er seinen gewohnten Lebensunterhalt bezahlen kann. Hat ein Ehegatte ausreichende Erträge aus Vermögen, muss er davon leben. Hat ein Ehegatte Vermögen, dass keine Erträge abwirft, muss er es zu Geld machen, wenn

  • es nicht zum Schonvermögen gehört und
  • die Verwertung weder unwirtschaftlich
  • noch unbillig ist.

Was sind Erträge aus vorhandenem Vermögen?

Für den Lebensunterhalt einzusetzende Erträge aus vorhandenem Vermögen sind insbesondere

  • der Erlös aus der Versteigerung einer Immobilie,
  • Geld aus Zugewinnausgleich,
  • das Kapital einer ausbezahlten Lebensversicherung,
  • der Miteigentumsanteil am Haus,
  • der Erbteil, zum Beispiel an einem Baugrundstück,
  • oder Sparguthaben.

Was gehört zum Stamm des Vermögens?

Dazu gehören alle Gegenstände, Rechte und Sachen, die einen Wert haben. Das sind zum Beispiel Bargeld, Aktien, Fonds, Edelmetalle, Münzsammlungen, Immobilien, Fahrzeuge, Lebensversicherungen usw.

Muss der andere Ehegatte Vermögen zu Geld machen?

Grundsätzlich gilt, dass ein Ehegatte auch den Stamm seines Vermögens in Geld verwandeln muss, um davon leben zu können, bevor er von dem anderen Ehegattenunterhalt verlangen kann. Von diesem Grundsatz gibt es drei Ausnahmen. Vermögen muss nicht zu Geld gemacht, also verwerten werden, wenn

  • das unwirtschaftlich ist,
  • unbillig wäre
  • oder das Vermögen unter dem Schonbetrag liegt.

Wann ist die Vermögensverwertung unwirtschaftlich?

Die Vermögensverwertung ist dann unwirtschaftlich, wenn

sich beim Verkauf der Sache oder des Grundstücks der wirkliche Wert nicht erzielen lässt, weil beispielsweise gerade ein Überangebot herrscht und die Marktpreise deshalb gering ausfallen; oder
damit eine notwendige Nutzungsmöglichkeit wegfällt; zum Beispiel beim Verkauf des PKW, den der Ehegatten für sein Gewerbe benötigt.

Es kann auch unwirtschaftlich sein, von einem Ehegatten den Verkauf seines eigenen Einfamilienhauses zu verlangen, dass er mit den minderjährigen Kindern bewohnt, weil das Haus deren Wohnbedarf deckt.

Wann ist die Vermögensverwertung unbillig?

Unbillig ist Juristendeutsch und bedeuted so viel wie "nicht gerecht". Auf die Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Es kommt immer auf die Umstände in der jeweiligen Ehe an. Bei der Beurteilung ist Folgendes zu berücksichtigen:

Die voraussichtliche Dauer der Unterhaltsbedürftigkeit und die Ertragsmöglichkeit des Vermögens. Also, reicht das Vermögen aus um den Unterhalt des Ehegatten beispielsweise für die nächsten fünf Jahre abzusichern. Belange naher Angehöriger wie Eltern und Kinder. Verlieren bei einem Verkauf des Hauses die Kinder oder Eltern des Ehegatten ihre Wohnung? Der Umstand, dass ein Vermögenswert aus dem Verkauf eines gemeinsamen Hauses stammt und dass auch der unterhaltspflichtige einen entsprechenden Erlösanteil zur freien Verfügung erhalten hat.

Unbillig dürfte es sein, den Verkauf der Immobilie vom Ehegatten (der Unterhalt verlangt) zu fordern, wenn das Geld dafür aus dem Verkauf eines gemeinsamen Hausgrundstücks stammt, und der andere Ehegatte (der Unterhalt zahlen soll) seinen hälftigen Kaufpreisanteil noch zur freien Verfügung hat. Der Umstand, dass das Vermögen aus einem in der Ehe übertragenen Betriebsgrundstück stammt, was der Steuerersparnis dienen sollte. In welcher Höhe der Berechtigte sonstiges Vermögen oder Altersvorsorge besitzt. Das Ausmaß der Belastung des Unterhaltspflichtigen durch eine Unterhaltsgewährung aus seinem Einkommen oder Vermögen. Die Verwertung einer angemessenen selbstgenutzten Immobilie, was ohnehin stets zur Anrechnung eines Wohnvorteils führt, kann regelmäßig nicht verlangt werden.

Gelten für den Ehegattenunterhalt nach Trennung andere Maßstäbe?

Ja, das ist in der Tat so. Denn das Gesetz kennt die Vermögensverwertung nur beim Ehegattenunterhalt nach Scheidung. Hinzu kommt, dass sich das Verhältnis der Ehegatten während ihrer Trennungszeit von demjenigen nach der Scheidung noch durch die eheliche Bindung unterscheidet. Einerseits tragen die Ehegatten während der Ehe noch mehr Verantwortung füreinander als nach der Scheidung. Andererseits legt die besondere Verbundenheit, von der das Verhältnis der Ehegatten geprägt wird, dem Unterhaltsberechtigten während des Getrenntlebens auch noch ein höheres Maß an Rücksichtnahme auf die Interessen des Unterhaltspflichtigen auf, als dies nach der Scheidung der Fall ist.

Fazit

  • Hat ein Ehegatte ausreichend eigenes Vermögen, muss er davon leben und kann keinen Ehegattenunterhalt beanspruchen. Was ausreichendes Vermögen ist, hängt von den konkreten Umständen in der jeweils geführten Ehe ab.
  • Als Faustformel für ausreichendes Vermögen dürfte jede nicht selbst genutzte Immobilie, also die zweite Eigentumswohnung, dass Mietobjekt, nicht jedoch das Gewerbegrundstücke, gelten. Selbstverständlich schließt das auch Barvermögen, Aktien, Fonds, Edelmetalle usw. ein, die über den jeweils individuellen Schonbetrag hinausgehen.
  • In dem Beispiel oben muss Peter an Ulrike keinen Ehegattenunterhalt nach der Scheidung bezahlen; auch wenn er das deutlich höhere Einkommen erzielt. Ulrike ist kraft Gesetzes auf die Verwertung ihres Vermögens verwiesen.