von Rechtsanwalt Sven Lattermann

Das Erbe im Zugewinnausgleich.

Die Erbschaft in der Zugewinngemeinschaft zwischen Heirat und Beantragung der Scheidung gehört dem Erben. Wird ein Ehepartner in der Ehe Erbe, gehört ihm die Erbschaft allein. Der andere ist daran nicht beteiligt und hat insoweit auch keine Ansprüche an dem Erbe. An dieser Zuordnung ändert sich auch dann nichts, wenn das ererbte Vermögen für gemeinsame Zwecke, die der gesamten Familie zu Gute kommen, verwendet wird. Denn in der Zugewinngemeinschaft gibt es kein gemeinsames Vermögen. Jeder Ehegatte ist Eigentümer seines eigenen Vermögens.

Das Erbe fällt nicht in den Zugewinn.

Sofern die Eheleute nicht etwas anderes vereinbart haben, leben sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, die am Tag der Heirat beginnt und mit Rechtskraft der Scheidung endet. Das Vermögen am Tag der Eheschließung wird Anfangsvermögen genannt. Das Vermögen am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages wird Endvermögen genannt. Ist das Endvermögen eines Ehepartners höher als dessen Anfangsvermögen, spricht man vom Zugewinn. Ist der Zugewinn eines Ehepartners höher als der Zugewinn des anderen, ist die Differenz hälftig auszugleichen. Das ist der Zugewinnausgleich. Auch wenn es in der Ehe kein gemeinsames Vermögen gibt, ist dieser Ausgleich für den Fall der Scheidung so vorgesehen. Das klingt zunächst nach einem Widerspruch, ist jedoch keiner. Jeder Ehepartner erwirbt und behält sein Vermögen für sich. Bei Scheidung findet nur dann ein Ausgleich statt, wenn ein Ehepartner ein höheres Vermögen erworben hat. Auszugleichen ist jedoch nur der Vermögenszuwachs in der Ehe.

Eine Ausnahme bildet die Erbschaft. Damit das Erbe eines Ehepartners nicht zu einem Zugewinnausgleich führt, wird dieser Ehegatte bei der Berechnung seines Zugewinns so behandelt, als ob die Erbschaft bei Heirat bereits vorhanden gewesen wäre. Das Erbe wird dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Wenn das Erbe bei Zustellung des Scheidungsantrages wertmäßig noch vorhanden ist, ergibt sich insoweit dann kein Vermögenszuwachs. Die Erbschaft ist im Zugewinn damit grundsätzlich neutral.

Das gilt nicht für Wertsteigerungen.

Es macht für den Zugewinnausgleich zunächst keinen Unterschied, ob ein Ehepartner Erbe eines Hauses, einer Eigentumswohnung, Erbe von Ackerland, Grünland oder Wald oder Erbe von Barvermögen wird. Es gilt immer der Grundsatz, dass die Erbschaft im Zugewinnausgleich unberücksichtigt zu bleiben hat.

Das gilt aber nicht für Wertsteigerungen einer ererbten Immobilie. Werterhöhungen des Hauses, der Eigentumswohnung, des Ackerlandes oder Waldes sind im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Wird die geerbte Immobilie nach der Heirat modernisiert und folgt daraus eine Werterhöhung, fällt sie auch in den Zugewinn des Eigentümers. Das gilt ebenso für Wertersteigerungen des Bodens zwischen dem Erbfall und der Zustellung des Scheidungsantrages infolge gestiegener Immobilienpreise. Echte Werterhöhungen sind Zugewinn.

Berechnung Zugewinn mit Erbschaft.

Peter hat bei Heirat ein Vermögen von 50.000,00 €. Er erbt später 80.000,00 € vom Vater. Bei Zustellung des Scheidungsantrages hat er ein Vermögen von 200.000,00 €. Wie hoch ist sein Zugewinn?

Anfangsvermögen: 50.000,00 €
Hinzurechnung zum Anfangsvermögen: 80.000,00 €
Anfangsvermögen gesamt: 130.000,00 €

Endvermögen: 200.000,00 €

Endvermögen - Anfangsvermögen = Zugewinn: 70.000,00 €

Peters Frau Ursula erzielte in der Ehe keinen Zugewinn. Sie hat deshalb gegen Peter Anspruch auf Zahlung von 35.000,00 € Zugewinnausgleich (die Hälfte der 70.000,00 € von Peters Zugewinn).

Praxistipp zur Erbschaft in der Ehe.

Ein Ehepartner, der in der Ehe eine Erbschaft erhält sollte sich in jedem Fall folgende Dokumente aufbewahren:

  • den Erbschein,
  • das Testament,
  • den Erbschaftsteuerbescheid,
  • Kontoauszüge zu erhaltenem Erbe,
  • Vereinbarungen über die Erbauseinandersetzung.

Das ist wichtig, denn der Ehepartner, der im Zugewinnausgleichsverfahren behauptet einen bestimmten Vermögenswert geerbt zu haben, trägt dafür auch die Beweislast.